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Tierschutzgesetz – nationalen Alleingang stoppen

Die meisten Tierhalter Deutschlands setzen sich für Tierwohl in ihren Betrieben ein und stehen angepassten Tierschutzstandards offen gegenüber. Doch mit der geplanten Novelle des Tierschutzgesetzes schießt die Regierung über das Ziel weit hinaus. Da sich der Agrarausschuss des Bundestages heute mit der Novelle des Tierschutzgesetzes befasst, hat der BRS seine Bedenken in einer Pressemeldungen zusammengefasst.


Ganzjährige Anbindehaltung ist ein auslaufendes Haltungsverfahren


Der BRS erkennt an, dass die ganzjährige Anbindehaltung keine zukunftsfähige Haltungsform ist. Aufgrund des Strukturwandels und Generationswandels wird sie aber von selbst auslaufen und deshalb ist ein akutes Verbot nicht notwendig. Wir erkennen an, dass eine ganzjährige Anbindehaltung die wesentlichen arteigenen Verhaltensweisen der Tiere erheblich einschränkt, jedoch sind wir der Meinung, dass ein sofortiges Verbot den gesellschaftlich und politisch eigentlich nicht gewollten Strukturwandel zusätzlich verschärfen wird und gerade kleine Familienbetriebe zur Aufgabe zwingt, fasst Stephan Schneider, Leiter Zucht & Genetik des BRS zusammen. Der BRS spricht sich für die bereits erfolgreich etablierte Kombinationshaltung mit mindestens 120 Tagen im Jahr freier Bewegung aus.


Qualzuchten mit Augenmaß begegnen


Ebenfalls begrüßt der BRS Anpassungen beim sogenannten Qualzuchtparagrafen. Tiere, deren Nasen und Atemwege so verkümmert sind, sodass sie kaum noch Luft bekommen oder deren Schädeldecke niemals vollständig zuwächst leiden ihr Leben lang. Der Gesetzgeber schießt aber mit der vorgestellten Novelle über das Ziel hinaus und definiert einen Qualzucht-Symptomkatalog, dessen Anforderungen derart offen formuliert sind, dass selbst unbedenkliche Tiere von der Zucht ausgeschlossen werden können. Das vorliegende Gesetz bietet derart viel Spielraum zur Interpretation, dass die deutsche Tierzucht von heute auf morgen auf Eis gelegt werden kann, befürchtet Schneider. Dabei kann gerade die Zucht zum wertvollen Verbündeten des Tierschutzes werden, denn die vom Staat anerkannten Zuchtbücher der zugelassenen Rinder-, Schweine-, Ziegen- und Schafzuchtorganisationen arbeiten grundsätzlich mit dem Ziel, genetische Auffälligkeiten aus den in den Zuchtbüchern geführten Populationen zu eliminieren. Die Schweine- und Rinderzuchtzuchtverbände und Organisationen haben schon in der Vergangenheit große Anstrengungen unternommen, Gesundheits- und Tierschutzaspekte als zentrale Eckpfeiler ihrer Zuchtprogramme zu etablieren und dabei enorme Fortschritte im Sinne des Tierwohls erzielt.


Kennzeichnung verendeter Tiere wird zum Bürokratiemonster und bringt keine neuen Kenntnisse


Unbegreiflich ist für den BRS, was die Kennzeichnung verendeter Tiere bewirken soll. In der Schweineproduktion werden Saugferkel im Regelfall ohnehin am 4. Lebenstag mit einer Ohrmarke gekennzeichnet. Vorherige Tierverluste lassen sich durch Totgeburten, Erdrückung und dem Verenden äußerst lebensschwacher Ferkel begründen. Der Tierhalter hat dabei nahezu keinen Einfluss auf diese Verluste. Ein zusätzlicher Informationsgewinn aus der Kennzeichnung dieser Tiere ist nicht zu erwarten. Auf der anderen Seite werden Tierhalterinnen und Tierhalter durch diese Gesetzesänderung zu bürokratischem Mehraufwand gezwungen. Wertvolle Zeit, die dann bei Tierkontrollen fehlt. Dem Tierschutz wird dadurch ein Bärendienst erwiesen.


Verschärfungen beim Kupierverzicht sind kontraproduktiv


Weiterer bürokratischer Wahnsinn verbirgt sich hinter den geplanten Verschärfungen des Aktionsplans Kupierverzicht. Dass dieser nun rechtsverbindlich wird, ist grundsätzlich zu befürworten. Schweinehalter in Deutschland haben hierdurch schon viel zum Kupierverzicht beitragen können und viele Erkenntnisse gesammelt. Warum aber diese Bemühungen nun durch Risikoanalysen und die damit verbundene Papierflut alle 4 Monate untergraben wird, ist für den BRS unverständlich. Die Erhöhung der Schadschwelle von 2 auf 5 Prozent, bei der Tierhalter mit dem Kupieren beginnen dürfen, wird zu erheblichem Tierleid im Stall führen. Schwanzbeißen ist ein Symptom von SINS (Swine inflammation and necrosis syndrome), einer endogenen Erkrankung, welche ihre Ursachen in der Genetik, der Fütterung, der Wasserversorgung, dem Klima etc. findet. Wir bedauern es sehr, dass Erfolgsgeschichten des Kupierverzichts wie die niedersächsische Ringelschwanzprämie nicht mehr gefördert werden. Hier wurde Praktikern die Chance gegeben, sich mit der Thematik zu befassen und viele konnten eindrucksvoll zeigen, welche Stellschrauben bei der Haltung unkupierter Schweine beachtet werden müssen. Eine Patenlösung zur Bekämpfung dieser Erkrankung konnte noch durch kein Projekt abschließend definiert werden. Ein Erzwingen des Langschwanzes mit der gesetzgeberischen Brechstange wird den Herausforderungen nicht gerecht.


Straf- und Bußgeldvorschriften sind unverhältnismäßig


Ein weiterer Konfliktpunkt sind die unpräzisen Straf- und Bußgeldvorschriften. Denn sie öffnen Tierschutzaktivisten Tür und Tor und lassen eine Klagewelle gegen die Nutztierhaltung befürchten.

Bei allen vorgenannten Themen braucht es EU-weite Lösungen. Während sich viele Berufskollegen in anderen EU-Ländern zurücklehnen können, überfordern die geplanten Vorgaben die deutschen Landwirte. Für 2025 hat Brüssel eine Verordnung zum Wohlbefinden von Nutztieren angekündigt. Ein weiterer deutscher Alleingang ist damit überflüssig und tabu!, fasst Schneider zusammen.


arrow_forwardKommentar von Stephan Schneider, BRS, zur Novelle des Tierschutzgesetzes

arrow_forwardStellungnahme des BRS zur Novelle des Tierschutzgesetzes

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